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Morphologie

Die Gestalt der Trilobiten in schematischer Darstellung

Auf dieser Seite wird die äußere Gestalt der Trilobiten anhand mehrerer von Dr. Sam Gon III geschaffener Skizzen erläutert, dem ich an dieser Stelle für seine generöse Erlaubnis danken möchte, mich uneingeschränkt an seinen Zeichnungen und Skizzen zu bedienen. Falls also jemandem die hier gesehenen Bilddarstellungen bekannt vorkommen sollten, dann liegt das daran, daß er sie auf der Webseite von Sam schon einmal gesehen hat. Zusätzlich geben wir ein paar Informationen zum eigentlichen Aufbau des Trilobitenpanzers, sowohl im Hinblick auf die chemische Zusammensetzung als auch die biomechanische Seite.


Die Oberseite des Trilobitenpanzers (Dorsalseite)

Oberseite des TrilobitenpanzersAufbau und Funktion: Die chemische Zusammensetzung des Trilobitenpanzers wurde von verschiedenen Seiten her diagnostiziert. Demzufolge war dieses hauptsächlich dorsale Schutzschild, welches die inneren Organe und Weichteile des Trilobiten abschirmte, stark kalzifiziert. Es bestand also hauptsächlich aus einem Kalziumkarbonat - eben Kalzit, einem Kalzium-Salz der Kohlensäure - mit niedrigem Magnesium-Anteil und mit nur einem geringen Anteil an organischem Material (WILMOT & FALLICK, 1989 - Original mineralogy of trilobite exoskeletons. Paleontology, 32, 297-304). Dies war im übrigen eine wesentliche Voraussetzung für seine fossile Erhaltungsfähigkeit. Obwohl über die organischen Substanzen aufgrund der allseits bekannten Umstände so gut wie nichts bekannt ist, dürften sie wahrscheinlich aus Proteinen und chitinösen Fibrillen (zusammengelagerte Mikrofilamente, die in einer Reihe liegen) bestanden haben, wie es auch bei rezenten Arthropoden zu beobachten ist.

Wie alle Exoskelette diente der Trilobitenpanzer in erster Linie dem Schutz als auch der Stützung der innenliegenden Organe. Er mußte sowohl Zug- als auch Druckkräften widerstehen, die sich im ersteren Fall aus der Gestaltung des Panzers selbst sowie der Stützung der innenliegenden Organe und im letzteren Fall auch durch die Belastungen durch Strömungen und Freßfeindeinwirkung ergaben. Daher besaß der Trilobitenpanzer sowohl flexible Elemente aus organischem Material - vielleicht langfaserige Chitinfibrillen - die parallel zur Oberfläche des Panzers angeordnet waren und Zugkräften entgegenwirkten, als auch kurze Kalzitkristalle, die äußerst druckbeständig waren.

Abgesehen von einigen Agnostiden, die eine nur einschichtige Konstruktion aufweisen, bestand der Panzer bei fast allen Trilobiten aus mehreren Lagen oder Schichten, namentlich einer dünnen prismatischen Außenschicht jener druckresistenten Kalzitkristalle, und einer weitaus dickeren Haupt- oder Primärschicht, die darunter lag. Bei der prismatischen Außenschicht, die bei einigen Trilobiten noch einmal sehr fein laminiert (geschichtet) ist (MUTWEI, 1981 - Exoskeletal structure in the Ordovician trilobite Flexicalymene. Lethaia, 14, 225-234), handelt es sich um eine dünne Lage mit Kristallen von jeweils ca. 1 μm Durchmesser (0,000001 m, sprich ein Tausendstel Millimeter) die mit ihrer längeren C-Achse vertikal zur Panzeroberfläche ausgerichtet sind. Die darunterliegende Primärschicht hingegen stellt zwischen 85 und 95 % der gesamten Panzerdicke, das Verhältnis von äußerer Prismenschicht zur Primärschicht beträgt also in der Regel in etwa 1:10.

Die unmineralisierten, hauptsächlich aus organischem Material aufgebauten Panzer von Insekten sind den mineralisierten Panzern der Trilobiten und denen anderer mariner Arthropoden übrigens an Widerstandsfähigkeit gegenüber Einwirkungen von außen überlegen (sie sind vor allem bruchsicherer; ein von einem Fenstersims auf den Straßenbelag fallender Käfer übersteht dies in der Regel völlig unverletzt), weshalb die letzteren dicker sein müssen um diesen Nachteil auszugleichen. Da jedoch im Meerwasser genügend Kalziumionen in gelöster Form vorliegen, war und ist es für eine marine Lebensform weitaus ökonomischer, sich ein dickes mineralisiertes Exoskelett zuzulegen, als unverhältnismäßig viel Aufwand in eine mehr aus organischen Komponenten aufgebaute Konstruktion zu investieren.


All line drawings on this page ©1999, 2000 by S. M. Gon III

Die Unterseite des Trilobitenpanzers (Ventralseite)

Unterseite des TrilobitenpanzersWährend die prismatische Schicht nur die dünne Oberfläche der Schale bildet, wird der Hauptteil der Schalendicke aus der darunterliegenden Primärschicht aufgebaut. Sie ist weitaus feinkörniger als die prismatische Schicht, auch sind die vorzufindenen Kalzitkristalle nicht so außerordentlich regelmäßig angeordnet wie in der prismatischen Lage. In der Primärschicht sind bisweilen parallel verlaufende Schichtungen erhalten, die vielleicht ursprünglich vorhandenes organisches Material anzeigen. Wie bereits oben erwähnt, war der Anteil an organischem Material im Trilobitenpanzer nur gering, und dürfte – sollte die obige Interpretation zutreffen – in seiner Schichtdicke zwischen den Kalzitkristalllagen weit unterhalb von 1 μm gelegen haben.

Janine WILMOT zufolge - die sich seit Jahren am Natural History Museum in London mit den Eigenschaften des Trilobitenpanzers mehr als ausführlich beschäftigt - dürften sich Brüche des Trilobitenpanzers hauptsächlich entlang dieser organischen Lagen gezogen haben und weitaus weniger direkt durch einzelne Kalzitkristalle. Mit Ausnahme der Trilobitenaugen, die aufgrund der optischen Anforderungen aus hochwertigstem, reinstem Kalzit bestanden (Einzelkristalle von mitunter erheblicher Länge entlang der C-Achse), wurden bislang keine kutikularen Kalzitkristalle angetroffen, bei denen eine der Achsen eine Länge von mehr als 3 μm aufgewiesen hätte. Dies findet seine Berechtigung darin, daß das Risiko eines ernsthaften Defekts innerhalb des Kristallverbundes durch kleinere Kristalle drastisch reduziert werden kann.

Die Bildung des Trilobitenpanzers nach einer Häutung lief wahrscheinlich sehr schnell ab, da ein Arthropode nach diesem Vorgang völlig ungeschützt war. Einige Wissenschaftler nehmen daher an, daß zuerst eine dünne prismatische Schicht sekretiert wurde, die eine ebenfalls nur sehr dünne Primärschicht überlagerte. Damit wurde ein erster behelfsmäßiger Schutz aufgebaut. Mit Fortschreiten der Sekretion wurde die Primärschicht dann Lage für Lage von innen her dicker aufgebaut (MILLER & CLARKSON, 1980 - The post-ecdysial development of the cuticle and the eye of the Devonian trilobite Phacops rana milleri STEWART, 1927). Dies scheint anzudeuten, daß die prismatische Schicht sehr einfach und schnell aufzubauen war.

Die prismatische Schicht könnte auch ein guter Schutz gegen bohrende Organismen gewesen sein. Sie war darüber hinaus wahrscheinlich äußerst stabil gegen Druckkräfte, die normal auf den Panzer einwirkten, jedoch sehr anfällig gegen Scherkräfte. Dadurch ausgelöste Brüche würden sich ungehindert von Kristall zu Kristall durchziehen und erst von der Primärschicht gestoppt werden. Allein daraus ergibt sich bereits die Notwendigkeit, daß bei der Neubildung eines Panzers nach der Häutung sowohl eine prismatische als auch eine dünne Primärschicht parallel aufgebaut werden mussten. Die bruchhemmende Wirkung der Primärschicht kann sich übrigens über Jahrmillionen hinweg unverändert erhalten. Das kann jeder bezeugen, der Trilobiten selbst sammelt und präpariert: Während die äußere prismatische Schicht beim Fundschlag sehr oft zu Schaden kommt, bleibt die Primärschicht in der Regel tadellos erhalten. ;-)


All line drawings on this page ©1999, 2000 by S. M. Gon III

Anmerkung zum Bild links : Statt des von mir angeführten Begriffes der "Bördelung" wird in Wissenschaft und Literatur offiziell die Bezeichnung "Dublüre" benutzt.


Eine Rekonstruktion der Unterseite des vollständigen Tieres
(Olenoides serratus)

Rekonstruktion des kompletten TieresBei der Bewertung des Designs eines Panzers sollte man in erster Linie den Nutzen im Auge behalten, den er seinem Träger bringt. Soweit es Trilobiten betrifft, scheint der Panzer in erster Linie zum Schutz des Tieres gegen Freßfeinde gestaltet zu sein, und nicht primär als Ansatzpunkt für muskuläre Strukturen, obwohl man diese Ansatzpunkte bei zahlreichen Fossilien erkennen kann. Die Dicke des Panzers und der hohe Grad der Kalzifizierung im Vergleich zu anderen Arthropoden sprechen dafür, daß die Evolution hier eine Neigung zu stärkeren Panzerdicken zwecks besserem Schutz entwickelt hatte. Tatsächlich zeigt sich, daß die vorherrschenden Trilobiten in sauerstoffarmen Gewässern wie dem "Olenoidenmeer", in dem nur einen geringe Räuberfauna bestand, nur verhältnismäßig dünne Panzer entwickelten (FORTEY, 1985)

Weitere Hinweise auf eine Hauptfunktion als Schutzpanzer ergeben sich aus der Einrollfähigkeit vieler Trilobiten und der Tatsache daß Trilobitenpanzer in der Regel an allen Stellen die annäherend gleiche Dicke aufweisen (mit Ausnahme der weiter oben bereits erwähnten Muskelansatzpunkte; dort war der Panzer sogar verstärkt). In Kombination ergab sich daraus eine stabile Kapsel, ohne Schwachpunkte die ein Freßfeind gezielt hätte attackieren können.

Das Thema Einrollung wird hier aber an anderer Stelle noch ausführlicher diskutiert. Vergleiche hierzu auch:

HARRINGTON, H. J. 1959 - General description of Trilobita. O38-O117 in MOORE, R. C. (ed.) Treatise on invertebrate paleontology. Part O. Arthropoda I. Geological Society of America and University of Kansas Press, New York and Lawrence, Kansas, 560 pp.
BERGSTRÖM, J. 1973 - Organisation, life and systematics of trilobites. Fossils and Strata, 2, 1-69, pls 1-5.
FORTEY R. A. & OWENS R. M. 1979 - Enrolment in the classification of trilobites. Lethaia, 12, 219-226.

All line drawings on this page ©1999, 2000 by S. M. Gon III

Anmerkung zum Bild rechts: Man beachte, daß das lebende Tier über Antennen (beinahe allen Trilobiten eigen) und Schwanzfortsätze (eine Eigenart von Olenoides!) verfügte. Die von Dr. Gon angestellte Rekonstruktion entspringt nicht bloßer Vorstellung. In der weltberühmten Fossillagerstätte des Burgess Shale in Kanada wie auch in den Schiefern von Bundenbach, Rome und Chenjiang sind aufgrund besonderer Umwelteinflüsse Trilobiten samt ihren Weichteilen (Antennen, Gliedmaßen, innere Organe) fossil erhalten geblieben. Ein kurzer Abriß findet sich auch unter den Meilensteinen.


Pseudo-Weichteilerhaltung der Extremitäten
(Chotecops sp.)

Weichteile & Querschnitt

Darstellungen oben: Nachweis für das Aussehen der normalerweise nicht erhalten gebliebenen Extremitäten am Beispiel des Trilobiten Chotecops sp. aus den dunklen Schiefern des Unterdevon von Bundenbach im Hunsrück, Deutschland: Diese außergewöhnliche Erhaltung in Pyrit zeigt die Schreitbeine des Trilobiten, an deren Basis die Kiemenäste abzweigen. Die zweite, schematische Darstellung zeigt einen Querschnitt durch den Trilobiten, der die Anordnung von Kiemenästen und Schreitbeinen zeigt. Jedem Thoraxsegment war ein solcher biramer Körperfortsatz zugeordnet. Unterzieht man das im ersten Bild gezeigte Präparat einer Untersuchung mit Röntgenstrahlen, werden die filigranen Kiemen noch deutlicher. Im vorderen Bereich ist eine der Antennen erkennbar. - Präparat und Foto: W. Stürmer (†).

 

Letzte Aktualisierung: Donnerstag, 31.01.2019 14:33